Da ich die alten Fan Fictions nicht mehr finde, mache ich hier mal neue auf.
……?
Endlich ist es geschafft.Wir haben die Untiefen und Korallenbänke endlich hinter uns. Vor einer guten Stunde haben wir das letzte von unzähligen Schiffswracks passiert, die an den der Insel vorgelagerten Korallenbänken gescheitert sind. Die Insel der Verfluchten liegt endlich hinter uns am Horizont. Du liegt mitten in der Sonne auf dem Achterkastell, schläft den Schlaf des Gerechten und schnarcht dabei was das Zeug hält. Soll er auch, er hat es sich redlich verdient. Denn ohne Du würde ich nicht hier stehen.
Ich weiß nicht wie lange es jetzt her ist, dass ich Du zum ersten Mal getroffen habe. Wobei getroffen haben wir uns gar nicht, eher hat Du mich gefunden. An das was vorher war kann ich mich nicht erinnern, weder daran wer ich bin, noch wie ich an den Strand gekommen bin. Nur an eines kann ich mich erinnern, an …
… rasende Kopfschmerzen. Was ist passiert? Ich kann nichts sehen, nur grelle dröhnende Explosionen und dazwischen drehen sich Kreisel aus glühenden Sternen. Ich liege …, auf nassem …, was? Es ist fest, aber ich kann mit den Fingern eintauchen, eine Faust machen, es ist wie, …, es ist Sand. Ja nasser Sand. Jetzt höre ich auch ein rhythmisches Rauschen, wie Wellen, die an einem Strand auflaufen. Ich bin …, an einem Strand? Da ist aber noch was, ein komisches immer wiederkehrendes zischen, es hört sich an wie ein schnüffelnder Hund, ein sehr großer schnüffelnder Hund. Was mache ich jetzt, ich bin viel zu schwach, um aufzustehen, um zu kämpfen oder zu fliehen. Vielleicht wenn ich mich totstelle? Das Schnüffeln wird lauter, jetzt kann ich spüren das da was ist, etwas auf mich zukommt. Okay, einfach die Augen zulassen, die Luft anhalten und bewegungslos liegen bleiben. Vielleicht geht das Vieh dann einfach weiter. Dann sackt der Boden neben meiner rechten Schulter plötzlich weg. Wenn das ein Hund ist, dann aber ein gigantischer, was wenn es ihm egal ist ob seine nächste Mahlzeit lebt oder tot ist? Bevor ich in diese Richtung weiterdenken kann pustet mir ein nach fauligem Fisch unterlegt mit frischer Minze riechender Orkan ins Gesicht. Dann sackt der Boden neben meiner linken Schulter weg, das Vieh steht jetzt genau über mir, ich bin so gut wie tot.
Noch einmal der übelriechende, schnaufende Orkan, nur das dieses Mal nach dem Orkan ein warmer, klebrig feuchter, Lappen mehrmals über mein Gesicht gezogen wird. Nachdem der Lappen drei Mal über mein Gesicht gewandert ist ertönt direkt über mir ein zufriedenes Grunzen und wenig später ein dumpfes Geräusch, dass den Boden rechts neben mir zum Beben bringt. Das Vieh hat es sich, wohl jetzt, neben mir bequem gemacht. Ich halte die Augen weiter geschlossen und stelle mich tot, nur geht mir langsam die Luft aus. So flach wie möglich versuche ich zu atmen. Es vergeht eine ganze Weile, immer noch sitzt das Vieh neben mir, ich kann seinen Atem hören und es riechen, es riecht wie nasser Hund. Langsam halte ich es nicht mehr aus, die Kopfschmerzen sind auf ein erträgliches Maß abgeklungen, aber jetzt fangen meine Arme und Beine an wehzutun, außerdem wird es langsam kalt. Vorhin konnte ich durch die geschlossenen Augenlieder sehen das es hell ist, jetzt ist es fast dunkel. Ich muss jetzt handeln, egal ob da eine Bestie neben mir sitzt und überlegt wo bei mir die schmackhaftesten Teile sind. Ansonsten werde ich hier an Unterkühlung sterben, da lasse ich mich lieber fressen, das geht schneller, hoffe ich. Ganz langsam drehe ich meinen Kopf in die Richtung, aus der das Atemgeräusch kommt. Ich öffne die Augen in der Hoffnung das Vieh sitzt vielleicht mit dem Rücken zu mir und beachtet mich nicht. Pustekuchen, neben mir sitzt der größte graue Bär, den ich je zu Gesicht bekommen habe und schaut mir, irgendwie fragend, mit leicht schräggelegtem Kopf direkt in die Augen. Soviel also zu meiner Fähigkeit mich tot zu stellen. Aber zumindest kann ich wieder ordentlich Luft holen. Im schwindenden Tageslicht scheint eine goldfarbene Aura den grauen Bären einzuhüllen. Beim Blick in die ebenfalls goldfarbenen Augen wusste ich, warum auch immer, sofort dieser Bär würde mir nichts tun. Ich hatte eher den Eindruck er würde mich belustigt mustern. Stöhnend wälzte ich mich auf den Bauch, um mich dann vorsichtig in eine knieende Position zu bringen. In dieser Haltung blieb ich und sah mich um. Im schwindenden Licht war nicht allzu viel von der Umgebung zu sehen, zwei oder drei Schritte vor mir begann das Meer. Rechts und links von mir erstreckte sich ein Sandstrand, zumindest soweit ich in der hereinbrechenden Nacht erkennen konnte. Hinter mir erstreckte sich so etwas wie ein Wald oder Dschungel. Der Bär neben mir hatte tatsächlich eine goldfarbene Aura, jetzt wo es immer dunkler rings herum wurde konnte ich das deutlich sehen. Allerdings war das Leuchten zu schwach, um die Umgebung zu erhellen. Und man konnte die Aura auch nur sehen, wenn man den Bären direkt ansah, schaute man an ihm vorbei war sie verschwunden. In einem Anflug von Galgenhumor sprach ich den Bären an: „So, was nun? Ich bin fremd hier und kenne keinen. Was meinst du sollten wir jetzt unternehmen? Wenn du eine Herberge weißt, in der man die Nacht verbringen kann, dann los.“
Ganz langsam, als wollte er mir zeigen, dass er keine bösen Absichten hegte, kam der Bär näher, blieb vor mir stehen, drehte auf der Stelle um machte zwei Schritte rechts den Strand runter. Dann blieb er wieder stehen und blickte über die rechte Schulter zu mir zurück, dann nach vorne und wieder zurück zu mir. Es war als würde er darauf warten, dass ich ihm folgte. Verstanden haben konnte er mich ja nicht, aber egal mir war kalt und Bewegung erzeugte Wärme. Also setzte ich mich in Bewegung. Die ersten Schritte taten weh, aber mit jedem weiteren Schritt wurde es besser. Als ich mich auf gleicher Höhe mit seinem Kopf befand ging er ganz langsam los. Jetzt konnte ich ihn besser betrachten, diese Aura half mir dabei. Der Bär war riesig, wenn ich neben ihm ging konnte ich nicht über seinen Rücken schauen, dazu war er einfach zu groß. Wenn er sich auf seine Hinterbeine aufrichten würde, schätzte ich wäre er mindestens so hoch wie drei große Männer übereinander. Was würde er wohl wiegen? Vorhin hatte der Boden gebebt als er neben mir aufgetaucht war, davon war jetzt nichts zu spüren. Der Bär bewegte sich mit einer tänzerischen Leichtigkeit und völlig dabei lautlos. Unglaublich wie so etwas Großes und Schweres sich so leise bewegen kann. Immer dann, wenn ich nicht mehr konnte und verschnaufen musste, blieb der Bär sofort stehen. Genauso wenn ich langsamer wurde er langsamer. Gab es eine Stelle, an der der Bewuchs zu dicht war sorgte ein Hieb seiner Pranken für Platz und freien Durchgang.
Wie lange wir unterwegs waren weiß ich nicht. Jedenfalls hatte ich dann ein recht schmerzhaftes Erlebnis. Völlig in meine Gedanken versunken hatte ich nicht mitbekommen das der Bär stehen geblieben war und war automatisch weitergegangen, um dann voll gegen eine Wand zu laufen. Nachdem ich mich wieder in sitzend Position gebracht hatte hätte ich schwören mögen, dass der Bär mich auslachte. Vorsichtig tastete ich nach vorne in die Finsternis, um herauszufinden was da meinen Lauf so abrupt gestoppt hatte. Ich fühlte Holzstämme, einen neben dem Anderen. Eine Palisade? Verdammt, es war einfach zu dunkel, um irgendetwas sehen zu können. Jetzt merkte ich auch, dass das allgegenwärtige Rauschen des Meeres irgendwie anders klang und auch das Summen des Urwaldes war etwas leiser geworden, so als würde die Palisade rund herum gehen. Dann mussten der Bär und ich irgendwo einen Durchgang passiert haben ohne, dass ich das mitbekommen hatte. Aber bei der Dunkelheit und meinem Zustand war das kein Wunder. Der Marsch hatte mich aufgewärmt, aber meine Kleider waren immer noch feucht und jetzt zur Ruhe gekommen begann ich zu frieren. Mein neuer Freund hatte es sich indessen bequem gemacht und auf dem Boden zusammengerollt. Mir war erbärmlich kalt, so kalt, dass ich mit den Zähnen geklappert hätte, wenn ich die nicht fest aufeinandergebissen hätte. „Ich hoffe du hast nichts dagegen, wenn ich mich bei dir anlehne,“ murmelte ich in meinen Bart und lehnte mich an den schlafenden Bären.
Stunden später, die Morgendämmerung hatte bereits eingesetzt, kam ich langsam wieder zu mir. In der Nacht hatte der Bär mich praktischerweise so in seine Arme genommen das ich jetzt angenehm warm lag und sogar meine Kleider wieder trocken waren. Mein Lebensretter schlief noch und das regelmäßige Geräusch seines Atems lullte mich wieder ein.
Beim nächsten Erwachen war ich dann allein. Es war heller Tag und die Sonne schien aus einem strahlend blauen und völlig Wolkenlosem Himmel. Zumindest der Teil, den ich durch die Lücke im Dschungeldach über mir sehen konnte war wolkenfrei.
Jetzt konnte ich mich umschauen. Ja, ich befand mich im Inneren einer Anlage, die von einer Palisade mit etwa dreißig Schritt Durchmesser umschlossen wurde. In der Mitte der Umfriedung erhob sich ein riesiger Baum, ich schätzte, dass es sicher sechs oder sieben Männer brauchte, um ihn zu umfassen. In etwa zehnfacher Mannshöhe schmiegte sich ein großes Baumhaus um den Stamm des Baumes und rechts und links vom Baum gab es drei unterschiedlich große Blockhütten auf Mannshohen Stelzen. Hinter dem Baum und den Hütten gab es einen kleinen Teich um den herum ein paar verwilderte Beete erkennbar waren. Das Ganze befand sich auf einer kleinen Anhöhe vor einer Felswand. Mir war es in der Nacht nicht aufgefallen, dass wir auch bergauf gelaufen waren, aber ich hatte in der Nacht andere Probleme gehabt als mich mit dem Weg zu beschäftigen. Langsam machte sich mein Magen bemerkbar, aber schlimmer als der Hunger war der Durst. Also ging ich zu dem Teich, der, wie ich dann erfreut feststellte, von einer Quelle gespeist wurde, die aus der Felswand sprudelte. Das klare, kalte Wasser schmeckte einfach köstlich. Ich hatte einen Bärenhunger, wenn ich jetzt noch etwas Essbares fand, dann wäre ich ein glücklicher Mensch. Apropos, wo war eigentlich der Bär abgeblieben, der mich hierhergeführt hatte? Es war doch kein Traum, auch wenn das Tier unglaublich groß gewesen war. Leider gaben die Beete nichts mehr her. Es musste schon ein paar Jahre her sein, dass sie von jemandem Beackert worden waren. Nur im hintersten Eck des Gartens fand ich zwei Handvoll Beeren, die meinen Hunger ein wenig dämpften. Ich wandte mich den Blockhäusern zu, vielleicht konnte ich hier etwas darüber erfahren wo ich mich befand, noch besser etwas Essbares finden. Viel unangenehmer war, ich konnte mich weder an meinen Namen erinnern, noch woher ich kam und noch weniger warum ich jetzt hier war. Möglicherweise konnte ich aber herausfinden wo und was, dieses „hier“, war. Vielleicht konnte ich dann auch herausfinden wie ich von hier wegkam.
Die Treppe war alt, aber sehr solide gebaut, zwölf Stufen führten unter den Vorbau der ersten Hütte. Die Tür lag in der Mitte der Wand, rechts und links flankiert von mit massiven, mit Schießscharten ähnlichen Schlitzen versehenen, Metall verstärkten, Läden verschlossenen Fenstern. Die Ebenso massive, Eisenband verstärkte Tür war nicht verschlossen. Lediglich ein Riegel sorgte dafür, dass die Tür verschlossen blieb und nicht vom Wind aufgedrückt werden konnte. Ich musste etwas Gewalt anwenden, um den Riegel zu öffnen, offensichtlich war er schon lange nicht mehr benutzt worden und durch die Ablagerungen der Zeit schwergängig geworden. Ich musste einen Augenblick warten, bis sich meine Augen an das Dämmerlicht in der Hütte gewöhnt hatten. Das Innere der Hütte war in zwei Räume aufgeteilt. Dieser Raum musste der Aufenthaltsraum und die Küche gewesen sein. Es gab einen großen Kamin an der rechten Giebelwand, in dem von einem Haken, mit Verstellmöglichkeit, ein großer Topf über der Feuerstelle hing. Es gab ein Regal mit Töpfen und anderen Behältnissen, daneben einen mannshohen, zwei Schritt breiten Schrank an der hinteren Wand. Auf der Fensterseite stand ein großer Holzklotz, so wie ihn Schlachter benutzen, in dem ein handliches Beil steckte. Auf der, der Kochstelle gegenüberliegenden Seite des Raumes gab es einen großen Tisch, um den mehrere Stühle herum angeordnet waren. An der hinteren Wand stand hier eine Art Sideboard, über dem ein Regal mit Geschirr angebracht war. Auf dieser Seite das Raumes bedeckte ein Teppich den Boden, auf dem der Tisch und die Stühle standen. An der Fensterseite stand ein Regal mit Flaschen und ein kleines Fässchen auf einem Bock. Über allem lag eine dicke Staubschicht und überall hatten Spinnen ihre Netze gebaut. Hier war schon seit Jahren niemand mehr gewesen. Trotzdem machten Hütte und Einrichtung einen soliden Eindruck. Langsam ging ich auf die Tür gegenüber zu. Auch diese war unverschlossen. Hier hatte man den Raum nochmal aufgeteilt. Ich befand mich in einem kurzen Gang, der von einer weiteren Tür abgeschlossen wurde endete, rechts und links von mir gab es jeweils eine Tür, die in die dahinterliegenden Räume führten. Ich wandte mich nach links. Wie alle Türen bisher war auch diese unverschlossen und führte in eine Art Kontor. Überall an den Wänden waren Regale auf denen Bücher und Schriftstücke lagen. Unter dem verschlossenen Fenster an der Rückseite der Hütte gab es einen Schreibtisch und einen Stuhl. Wie überall lag auch hier der Staub Fingerdick und alles war von Sinnweben zu gewebt. Nach einem kurzen Blick verließ ich den Raum wieder und schloss die Tür hinter mir. Nun öffnete ich die rechte Tür. Muffige leicht nach Verwesung riechende Luft schlug mir entgegen. In dem Fensterladen hier gab es wohl keine Schießscharte, darum war es auch stockfinster in dem Raum. Vorsichtig, Schritt für Schritt tastete ich mich langsam in den Raum. Irgendwo in dessen Mitte an der Rückwand musste es ein Fenster geben. Zumindest gab es außen einen Fensterladen. Der widerliche Geruch kam verstärkt von der Giebelwand, zumindest kam es mir so vor. Endlich konnte ich das Fenster ertasten. Es war tatsächlich ein Glasfenster und die Scheiben waren staubig aber intakt. Rechts in der Mitte des Rahmens konnte ich einen Riegel erfühlen, auch hier brauchte ich etwas mehr Kraft, um den Riegel zu öffnen. Auch dieser Fensterladen hatte eine Schießscharte, nur war diese zugestopft. Zwei Querriegel sorgten dafür das der Laden verschlossen bleib. Es gab einen einfachen Mechanismus, so dass jeder Riegel auf einer Ladenhälfte gedreht werden konnte so dass die Hälften des Ladens nach rechts und links außen, an die Hauswand geklappt werden konnten.
Helles Tageslicht entriss den Raum der Finsternis und offenbarte die Quelle des üblen Geruchs. Ich hatte einen Bewohner der Anlage gefunden, zumindest das was von ihm noch übrig war. An der Giebelwand Stand ein Bett und aus dem Bett grinste mich ein Skelett an. An der Wand an der Fuß Seite des Bettes hing ein verschlissener langer blauer Mantel mit goldenen Epauletten auf den Schultern, darüber ein Dreispitz mit Goldverzierungen. Neben dem Mantel hing ein verzierter Degen und ein Gurt mit Kugeltasche und Pulverhorn, in den zwei doppelläufigen Pistolen gesteckt waren. Darunter Stand ein Ankleidestuhl auf dem, akkurat gefaltet eine ehemals Weiße Uniformhose lag und über der Lehne hing ein graues, wohl ehemals auch weißes, Hemd mit einer goldverzierten Weste darüber. Und vor dem Stuhl stand das obligatorische Paar schwarzer Lederstiefel. An der Kopfseite des Bettes stand eine große, verzierte mit schweren Eisenbändern gesicherte Truhe An der Fensterseite rechts, ein großer Schrank, ähnlich jenem im ersten Raum. Links an der Fensterseite ein Stehpult direkt neben dem Fenster und zur Tür hin ein Regal mit vielen Kartenbehältern und einer Reihe von großen Büchern.
Der Mann, der hier lag musste gewusst haben, dass seine Zeit gekommen war. Auf dem Stehpult lagen ein eng beschriebenes stück Pergament und ein Buch. Auf dem Pergament lag eine Goldene Kette mit einem schweren goldenen Anhänger, in dessen Mitte eine schwarze Scheibe eingelassen war. Vielleicht stand hier, wer dort lag und hoffentlich auch wo wir waren. Ich holte tief Luft, um den ganzen Staub vom Pergament zu pusten, eine ziemlich blöde Idee, wie sich Augenblicke später herausstellte.
Als ich mich dann am offenen Fenster von dem Nies- und Hustenanfall erholt hatte nahm ich die Kette mit dem Amulett und hängte sie mir um den Hals, damit ich sie nicht wieder in den Staub legen musste. Dann nahm ich das Pergament und ging damit zum Fenster um den Staub, diesmal durch das geöffnete Fenster nach draußen zu pusten. Diesmal musste ich nur einmal Niesen. Irgendwie hatte ich kurz den Eindruck die Kette und vor allem der Anhänger würden sich erwärmen, aber als ich den Anhänger anfasste war er so kalt wie vorher.
Die Schrift des Toten war die eines Gelehrten. Sauber und akkurat wie auf dem Lineal geschrieben reihte sich Zeile an Zeile, nur die Letzte Zeile fiel aus dem Rahmen, hier wurden die Buchstaben auf einmal immer größer und zittriger, so als hätte den Schreiber, die Kraft verlassen oder als wären sie unter großen Schmerzen geschrieben worden. Vielleicht war ja beides der Fall gewesen. Ich trat näher ans Fenster, um herauszufinden was wirklich geschehen war musste ich mir die Mühe machen und lesen was auf dem Pergament stand. Ich hatte wohl irgendwann lesen und schreiben gelernt, denn ich konnte problemlos lesen was dort stand.
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„Wer auch immer diese Zeilen findet. Diese Insel ist verflucht. Ich bin jetzt seit sechsunddreißig Jahren auf diesem verdammten Eiland. Oh ja, ich habe ich oft davon geträumt von der Insel zu entkommen, denn wir sind ja auch ohne Probleme auf die Insel gekommen. Der Steuermann musste nur den Anweisungen auf der Karte folgen, um die Passage durch den Korallengürtel und die Untiefen zu finden. Uns ist gelungen was offensichtlich vielen vor uns missglückt ist. Ich weiß nicht wie viele Schiffswracks wir gesehen haben die halb verrottet auf Untiefen und Riffen lagen und noch mehr mögen in den Tiefen dazwischen liegen. Es müssen hunderte gewesen sein. Wir kamen jedenfalls hindurch und konnten in einer geschützten Bucht auf der anderen Seite der Insel landen. Das Schiff sollte eigendlich immer noch dort sein. Wir hatten es für Reparaturen aus dem Wasser an Land gezogen und dann eingerüstet. Nachdem aber eine Gruppe unserer Besatzung mit dem Steuermann und der Karte heimlich losgezogen ist, um den Schatz zu suchen und zu heben. Wir waren grade genug Leute, um das Schiff wieder ins Wasser zu bringen und den Rückweg anzutreten. Damals hätten wir wohl noch zurückgefunden, denn der zweite Steuermann hat ein sehr gutes Gedächtnis und sich eine eigene Karte mit dem Weg zurück angelegt. Er hätte den Weg bestimmt gefunden. Ich war aber so dumm, auf die Reparatur zu bestehen. Zu Anfang der Passage hatten wir eines der Riffe gestreift und das Schiff machte ein wenig Wasser, nichts was nicht mit den Lenzpumpen zu schaffen gewesen wäre. Und schließlich gibt es in der Nähe noch andere Inseln ohne die Riffe und Untiefen. Wir hätten eine davon anlaufen können, um das Leck auszubessern und dann nochmal zur verfluchten Insel fahren können, um den Schatz zu suchen. Na ja, das Leck haben wir geflickt die Kupferplatten vom Bewuchs gereinigt und neu befestigt. In der Nacht bevor wir das Schiff wieder ins Wasser bringen wollten kamen sie dann. Der Bootsmann und die, die mit ihm gegangen waren. Ohne Vorwarnung sind sie über uns hergefallen, irgendetwas muss auf der Insel mit ihnen geschehen sein. Sie hatten nichts menschliches mehr an sich. Wir konnten den Angriff zurückschlagen, ausschlaggebend waren dabei die Schiffsgeschütze, ohne die hätten wir keine Chance gehabt. Es war schrecklich, man konnte auf sich schießen, auf sie einstechen oder einschlagen, egal was, sie spürten keinen Schmerz und griffen einfach weiter an. Ich hatte den Bootsmann vor mir, vier Kugeln habe ich ihm in die Brust geschossen, trotzdem kam er immer weiter auf mich zu, erst als ich ihm mit dem Säbel den Kopf vom Rumpf geschlagen habe war er tot. Wir konnten sie dann vor die Breitseite unseres Schiffes locken, den laufen konnten wir viel schneller als sie, nur was nützt das, wenn der Gegner nicht ermüdet, irgendwann hat er dich doch, weil du einfach nicht mehr kannst. Jedenfalls konnte der zweite Bootsmann sie alle auf eine Stelle locken, nur ist er dann gestolpert und sie fielen über ihn her, dann hat die Breitseite sie zerfetzt. Dabei ist das Stützgerüst um das Schiff so beschädigt worden, dass ein kontrolliertes zu Wasser lassen nicht mehr möglich war. An eine Reparatur war nicht zu denken, dazu hatten wir einfach zu viele Leute verloren. Wir waren jetzt nur noch zu neunt. Alle Anderen waren tot. Wir beschlossen das Schiff aufzugeben und uns einen Platz zum Leben zu suchen, so sind wir auf die andere Seite der Insel gelangt. Dieser Hügel hier erschien uns als guter Standpunkt für unser zuhause. Ein ganzes Jahr haben wir geschuftet, um uns hier eine Heimat zu bauen. Hier hatten wir Wasser und Früchte, und ausreichend Jagdbares Wild. An den Schatz dachte schon lange keiner mehr, ja Heimweh das hatten wir alle aber wir wussten auch, ohne ein Wunder würden wir für immer auf der Insel bleiben. Mittlerweile hatten wir alles vom Schiff geholt was uns wichtig und wertvoll erschien. In der ganzen Zeit haben wir keinen der Untoten gesehen, so dass wir davon ausgingen alle erwischt zu haben. Was wir nicht wussten, es gibt hier unzählige davon, all die Besatzungen der in den Riffen und Untiefen liegenden Schiffe. Alle sind hier auf der Insel. Irgendetwas zieht sie wie magisch an. Wir haben behauene Steinblöcke im Urwald gefunden, also ist die Insel nicht unbewohnt, zumindest nicht immer unbewohnt gewesen. Wir haben dann abgestimmt und beschlossen hier so unauffällig wie möglich zu leben und zu sterben. So gingen die Jahre ins Land offensichtlich war ich der robusteste von uns allen, denn nach etwa fünfzehn Jahren war ich alleine. Die Anderen liegen alle auf unserem kleinen Friedhof im Urwald hinter der Palisade. Ach ja, du solltest mir besser den Kopf abschlagen, wenn du mich findest, es könnte sein, dass ich sonst zurückkomme. Oder du legst die Kette an, die auf dem Pergament liegt denn die verhindert, dass ein Untoter dich sieht oder anders wahrnimmt. Das Amulett bewirkt noch einiges mehr als das, lies das Tagebuch, da habe ich alles aufgeschrieben.
Ja, den Schatz habe ich schließlich auch gefunden, er liegt hier ganz in der Nähe in einer Art Gewölbe im Urwald, man kann es eigendlich nicht verfehlen denn den Weg dahin zieren lauter hässliche Statuen. Du must nur die Köpfe der zwei letzten Statuen so drehen, dass sie sich genau anschauen, dann geht das Gewölbe auf. Aber sei vorsichtig, ich habe nicht alle Fallen entschärft und vielleicht habe ich welche übersehen. Mit mir geht es zu Ende, ich merke wie meine Kraft nachlässt. Ich glaube morgen werde ich im Bett bleiben. Ich werde da liegen bis du kommst.
Ich darf Du nicht vergessen. Pass auf, wenn du einem riesigen Bären begegnest, dass ist Du. Ich habe ihn vor vielen Jahren aus einem Steinernen Käfig befreit, bis heute weiß ich nicht wie er dort hineingekommen ist. Wenn muss ihn dort jemand eingesperrt haben, ich kann mir aber nicht vorstellen wer das gewesen sein kann. Hier auf dieser Seite der Insel ist niemand außer uns, auch keine Untoten. Ich glaube diese Rätsel werde ich nicht mehr lösen. Jedenfalls solange du ihn nicht bedrohst wird er dir nichts tun. Ich hatte immer das Gefühl er versteht was ich zu ihm sage, aber dass kann auch die Marotte eines alten Mannes sein, der zu lange alleine war. Es wäre schön, wenn du mich zu dem kleinen Friedhof bringen würdest und dort bei meinen Freunden begräbst. Als Dank kannst du alles hier in Besitz nehmen. Und jetzt bin ich müde, ich gehe in mein Bett. Bis irgendwann.“
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Gut, dass erklärte einiges, nicht unbedingt wie ich hierherkam aber zumindest wo ich jetzt war. Wobei das keine besonders große Hilfe war. Ich drehte mich um zum Bett mit dem Skelett. Das Skelett saß auf dem Rand des Bettes und hatte den Kopf Richtung Fenster gedreht und schien auf etwas zu lauschen. Als wenn man ohne Ohren lauschen könnte. Langsam ging ich zwei Schritte Seitwärts, den Blick immer auf die knöcherne Gestalt gerichtet. Offensichtlich konnte es mich nicht wahrnehmen. Eingedenk der Worte aus dem Pergament machte ich einen großen Schritt zum Fußende des Bettes und langte vorsichtig zu dem verzierten Degen. Mit einem Ruck zog ich die Klinge aus der Scheide, irgendwie schien das Skelett doch etwas wahrzunehmen, denn es drehte den Kopf mit den leeren Augenhöhlen genau in meine Richtung. Einen langen Augenblick schien es mich zu mustern, dann drehte es den Kopf wieder zum Fenster. Überprüfen ob es mich nun wahrnahm oder nicht wollte ich jedenfalls nicht. Mit einem Schlag aus dem Handgelenk trennte ich den Kopf von den Schultern des Knöchernen, der klappernd in sich zusammenfiel.
Aus dem Regal im ersten Raum holte ich dann eine von den größeren Holzkisten, in die ich dann sorgfältig die Knochen des alten Mannes legte. Sobald ich eine Schaufel oder einen Spaten fand würde ich seinen letzten Wunsch erfüllen und ihn auf dem kleinen Friedhof hinter der Palisade beisetzen.
Draußen erwartete mich Du, mit leicht schiefgelegtem Kopf. Er war wohl fischen gewesen, denn neben ihm lagen zwei schöne große Fische, ohne sichtbaren Schaden. Mit einem lauten Schnaufen ließ er sich auf sein Hinterteil nieder und musterte mich weiter. „Okay, ich denke die soll ich uns braten was?“ Du leckte sich die Schnauze. Hatte er verstanden was ich gesagt hatte? Egal, ich ging zu dem Fang des Bären und nahm die beiden Fische auf, alles unter dem forschenden Blick des Bären. In der Küche schaute ich mich nach einem Messer oder ähnlichem um und wurde in einer Schublade des Sideboards fündig. Bei meiner Messersuche hatte ich auch ein Fässchen mit Salz gefunden, so dass der Fisch nicht ganz so fade schmecken würde. Eine Stunde später waren die Fische gar und wir konnten essen.
Nach dem Essen schaute ich in die anderen Hütten und fand dabei eine Schaufel. Mir fiel der letzte Wille des alten Mannes ein und da noch ein paar Stunden bis zu Dunkelheit blieben, holte ich die Kiste mit den Knochen und begab mich zum kleinen Friedhof auf der Hinterseite der Palisade. Du lag in der Abendsonne und döste. Dann hatte er die Kiste gesehen und war aufgesprungen und mir zum Friedhof gefolgt. Ich suchte eine Stelle zwischen den acht Grabsteinen, stellte die Kist neben mich und fing an zu graben, Du der mir gefolgt war lief zu der Kiste mit den Knochen und beschnüffelte sie kurz und setzte sich neben der Kiste auf den Boden. Er blieb sitzen bis ich fertig war und das Grab wieder verschlossen hatte. Ich hoffte, dass der alte Mann seinen Frieden gefunden hatte, jetzt da er im Kreis seiner Freunde lag. Da Du immer noch neben dem Grab saß setzte ich mich zu ihm. Ich weiß nicht, vielleicht trauerte er um den alten Mann, schließlich hatte der ihn aus seinem Gefängnis befreit. Als die Sonne nur noch eine Handbreit über dem Horizont stand kehrten wir beide in die Anlage zurück. Ich schloss das große Tor, einfach um zu schauen ob es noch zu gebrauchen war, oder ob es repariert werden musste. Aber der alte Mann und seine Freunde hatten gute Arbeit geleistet.
Mit der Dämmerung kam erst Wind auf, dann kamen Wolken und
dann ein Gewitter. Das Gebäude, in dem ich die Schaufel gefunden hatte, besaß
ein großes Tor, zumindest groß genug, so dass Du durchpasste. Im großen
Blockhaus hatte ich eine Lampe und ein halbes Fass Lampen öl gefunden, so dass ich
genug Licht zum Lesen hatte. Vor dem schlafen wollte ich noch einen Blick in
das Tagebuch werfen in der Hoffnung noch ein bisschen mehr über den Ort hier zu
erfahren.
Fortsetzung folgt.