Beiträge von Atax

    Grelles Pfeifen ließ Tales hochschrecken. Er lag mitten auf den Schienen, wie gelähmt vor Entsetzen schaute er auf die gepanzerte Turbinenlock, deren Pfeifen ihn aus dem Schlaf gerissen hatte. In wenigen Augenblicken würde, dass heranrasende, silbern blitzende, Ungetüm seinem Leben ein Ende setzen. Schicksalsergeben schloss er die Augen und erwartete den vernichtenden Aufprall, … wieder das Pfeifen, wieder öffnete er die Augen, er lag in einem Bett, allerdings nicht in seinem Haus am Stadtpark. Dieses Bett war nicht seins, auch der Raum war ihm fremd. Panisch setzte er sich auf, um gleich darauf stöhnend auf das Kissen zurückzusinken, als nämlich die Turbinenlock wohl doch mit seinem Kopf kollidierte und dann explodierte. Wieder das Pfeifen, nein kein Pfeifen eher ein Summen und warum lebte er noch, hatte die Lock ihn doch nicht erwischt? Wieder richtete er sich auf, diesmal allerdings langsam und vorsichtig. Wieder summte irgendwo etwas. Tarles drehte sich langsam so, dass er auf der Bettkante sitzen und seine Füße auf den Boden stellen konnte. Dann ließ er den Blick durch den Raum schweifen um herauszufinden was, jetzt zum wiederholten Mal, summte. Nach dem dritten Summen hatte er endlich die Quelle gefunden, die für das nervige Summen verantwortlich zeichnete. An der Wand neben der Tür blinkte ein kleines rotes Licht unter einer doppelt, handflächengroßen, rechteckigen dunklen Fläche. Bis er sich erhoben und zu dem Blinklicht geschleppt hatte summte es noch drei weitere Male. Das blinkende Licht entpuppte sich bei näherer Betrachtung, als Schaltfläche einer der neuen Kommunikationsanlagen. Er aktivierte das Gerät durch eine leichte Berührung der Schaltfläche und auf der Bildfläche erschien ein dunkles, breit grinsendes Gesicht. Schlagartig fiel ihm wieder ein wo er war und warum sein Kopf gleich wieder zu explodieren drohte. „Morgen Mandrack, nächstes Mal suche ich den Weg zu meiner Kabine selbst. Zum einen, weil ich dann länger schlafen kann und zum anderen, weil ich dann morgens nicht gleich von einer Turbinenlock überfahren werde.“ Das darauffolgende Lachen sprengte ihm fast den Schädel. „Dafür haben hast du aber gleich noch die Schiffsführung und die Kommandanten der anderen Einheiten kennengelernt. War doch noch ganz nett der Abend, oder?“ Mandrack strahlte ihn vom Bildschirm aus an. Tarles konnte sich dumpf erinnern, dass Mandrack mit Sicherheit gut das doppelte von dem getrunken hatte, was Tarles zu sich genommen hatte. Warum ging es ihm da so gut? Mit einem halb erstickt gegurgeltem: „Bin gleich wieder da.“ Hielt sich Tarles die Hand vor den Mund und taumelte Richtung Nasszelle um sich dann dort kräftig würgend über die Kloschussel zu beugen. Während er sich dort fast die Seele aus dem Leib kotzte, war Mandracks brüllendes Lachen aus dem Lautsprecher zu hören. Nachdem sich Tarles, etwas später, das Gesicht mit kaltem Wasser gewaschen hatte ging es ihm etwas besser. Er verließ die Nasszelle und trat wieder an die Kommunikationseinheit, wo er Mandrack mit bösem Blick musterte, was dieser mit einem erneuten Lachen quittierte. Kurz angebunden fragte er: „Und, was ist?“ Mandrack meinte lachend: „Ich dachte mir schon so was, so wie du zugeschlagen hast. Komm rüber zur Medoabteilung, da unternehmen wir dann was wegen deinem Kopf. Oder geht‘s dem gut?“ Tarles überlegte kurz, ob er seinem Stolz folgen und das Angebot dankend ablehnen sollte. Er entschied sich dann dazu auf den Stolz zu verzichten und etwas gegen die Kopfschmerzen zu unternehmen, denn im Grund war er ja selbst schuld an der Misere. Daringa hatte ihn mehrmals vor den Folgen gewarnt, wenn er versuchen würde mit Mandrack mitzuhalten. Jetzt verdammte er sich dafür, nicht auf sie gehört zu haben. Vorsichtig nickte er dem Bild Mandracks zu, und fragte nachdem der Schmerz etwas nachgelassen hatte. „Wo muss ich hinkommen?“ Mandrack zeigte diesmal etwas Mitleid und verzichtete auf sein lautes Lachen, mit breitem Grinsen erwiderte er: „Einfach zur Tür raus, die nächste Tür gegenüber ist eine kleine Medoabteilung, ich warte da auf dich.“ Nachdem Mandracks Bild vom Schirm verschwunden war, schaute Tarles nach seinem Koffer, zum Auspacken war er ja noch nicht gekommen. Er suchte sich schnell ein paar frische Sachen zum Anziehen raus und verließ, nachdem er sich neu eingekleidet hatte seine Kabine. Mandrack stand schon grinsend in der Tür gegenüber. Nach dem er Tarles Platz zum Eintreten gemacht hatte deutete er auf einen Stuhl. „Setz dich da hin, ich hole die Sauerstoffmaske.“ Tarles schaute ihn fragend an. „Fünf Minuten reinen Sauerstoff und die Kopfschmerzen sind weg.“ Grinste Mandrack ihn an, als er ihm die Maske reichte. „Ist ein altes Hausmittel.“ Dann beugte er sich zu Tarles und flüsterte grinsend mit einem Zwinkern: „Und hat mir bisher immer geholfen. Auch heute wieder. Sag‘s aber nicht weiter, ich habe einen Ruf zu verlieren.“ Zehn Minuten später verließen die beiden die Medoabteilung und betraten gleich darauf die vordere Brücke. Obwohl Tarles sich vorgenommen hatte, sich nicht mehr überraschen zu lassen, musste er doch schlucken. Die gesamte vordere Hülle des Luftschiffs war von innen nicht zu sehen. Es war als stände man auf einer Gläsernen Balustrade direkt im Freien. Der Steuerstand ragte wie ein gläserner Löffel aus der Balustrade nach vorne. Auf der Verbreiterung waren drei große Kontursessel montiert. Über den Sitzen waren mehrere Bildschirme so angeordnet, dass sie von jedem der drei Plätze bequem einzusehen waren. Wie, und wo die Schirme aufgehängt oder befestigt waren konnte Tarles nicht feststellen. Es war als schwebten sie einfach in der Luft. Nachdem sie über den Steg an die Sitze herangetreten waren, konnte Tarles die in den verlängerten Armlehnen untergebrachten Steuerelemente sehen. „Die Steuerung des Luftschiffs, kann von allen drei Sitzen aus durchgeführt werden. Ebenso könnte von hier aus auch eines der anderen Luftschiffe gelenkt werden, falls dies erforderlich wäre. Hier arbeitet der Steuermann, der zweite Steuermann und der Diensthabende Ingenieur. Der Rest der Brückenbesatzung verteilt sich über die drei Balustraden hinter uns. Ihr werdet euch während des Fluges sicher noch kennenlernen. Wir haben auch eine Art von Rechenmaschine an Bord, die alles überwacht und notfalls Eingabefehler korrigiert. Sie soll sogar in der Lage sein das Luftschiff, notfalls auch ohne Besatzung, fliegen zu können. Es ist wie mit der Hülle der Schiffe, wir wissen das sie da sind und funktionieren, wissen aber nicht warum. An Bord jedes der drei Luftschiffe sind einige Spezialisten aus dem Süden, die versuchen zumindest der Besatzung zu erklären wie alles funktioniert.“ Nachdem beide wieder die Balustrade erreicht hatten führte Mandrack Tarles zu einer Wendeltreppe an der Rückseite der Balustrade. Über die Treppe erreichten sie die obere Balustrade. Auch hier gab es einen Vorsprung der aus dem vorderen Teil der Balustrade in den freien Raum hinausragte. Und auch hier befanden sich drei Kontursessel über denen eine Anordnung von Bildschirmen schwebte. Erstaunt registrierte Tarles, dass die Ausbuchtung von unten nicht zu sehen war, obwohl sie sich genau über der Stelle befand an der der Steg zum Steuerstand begann. Er schaute Mandrack fragend an. „Wie kann das sein, von unten habe ich die Sessel nicht gesehen, obwohl sie sich mehrere Meter vor der oberen Galerie befinden?“ Mandrack Schüttelte wie verneinend mit dem Kopf und hob dann Hände und Schultern. „Ich weiß es auch nicht, dass ist auch so ein Geheimnis wie die Rechenmaschine und die von innen durchsichtige Hülle. Und das sind bei weitem nicht die Einzigen, du wirst schon sehen.“ Er winkte Tarles mit der Hand ihm zu folgen und ging langsam und wie Tarles meinte, ein wenig zögerlich zu den drei Sesseln. Aufatmend ließ er sich in den mittleren fallen und bedeutete Tarles sich rechts neben ihn zu setzen. „Das hier sind unsere Plätze, wenn du nach oben schaust siehst du die verbleibende Zeit bis zum Start, das sind jetzt noch knapp zwei Stunden.“ Er deutete dabei auf die Monitore über den Sesseln. Dort sprang die rote Anzeige gerade von 02:47 auf 02:46 wobei ein deutliches klicken zu hören war. Mandrack betätigte einen der vielen Schalter auf der verlängerten Armlehne seines Sessels. Ein in viele Bereiche unterteiltes Anzeigefeld, materialisierte sich aus dem Nichts vor den drei Sesseln. Vielfach liefen Schriftbänder und Zahlen über die verschiedenen Anzeigen, es gab grüne, gelbe, rote und blau Anzeigeflächen, immer wieder wurden die Anzeigen von Aufnahmen aus allen Bereichen des Luftschiffes überdeckt um dann, nach einer Weile, wieder den alten Anzeigen Platz zu machen. Meist hatten sich dann deren Farbe verändert. Meist von Rot zu gelb, ab und zu auch von gelb zu grün. Blau wurde immer mehr von Rot ersetzt um dann erst über gelb auf grün zu wechseln. Mandracks Stimme riss Tarles aus der fast hypnotischen Starre mit der er das flimmern der Anzeigen betrachtet hatte. „Wenn alle Felder grün sind, dann geht’s los. Ich habe das ganze schon ein paar Mal gesehen, aber es ist immer noch faszinierend und gleichzeitig verwirrend. Die Hauptsache ist aber, dass das Luftschiff funktioniert, wie ist mir egal, dass verstehe ich sowieso nicht.“ Er schaute hoch. „Es ist gleich soweit, die Zahlen sind gleich grün, wir könnten dann starten, auch wenn die Uhr noch nicht Null zeigt.“ Tarles schaute nach oben. Die Uhr zeigte 00:11 in gelben Ziffern. In dem Augenblick als die Ziffern auf 00:10 sprangen ging ein leichter Ruck durch das Schiff und alles schien leicht zu vibrieren. „Pass auf, gleich passiert es, nicht erschrecken.“ Tarles schaute fragend zu Mandrack, der deutete mit dem Kopf nach vorne zum Bub des Schiffes. Bei 00:07 Gab es dann einen merkbaren Ruck und mit lautem Knistern überzog ein dichtes Netz kleiner blauer Entladungen den sichtbaren Teil der Außenhülle. Eine Stimme ertönte von überall her: „Hülle polarisiert, Versorgungsleitungen werden abgetrennt.“ Mehrere harte Schläge liefen durch das Schiff, dann war so etwas wie ein leichtes Schwanken zu spüren. Tarles blickte in Richtung Steuerstand, alle drei Sessel waren besetzt. Er hatte nicht mitbekommen wann und wie das geschehen war, so war er mit der Anzeige beschäftigt gewesen. Daringa hatte auf dem mittleren der Kontursitze Platz genommen, also fungierte sie als erster Steuermann, die beiden anderen, rechts und links von ihr, meinte er gestern Abend irgendwann kurz gesehen zu haben, sicher war er sich dabei jedoch nicht. Die Uhr sprang klickend auf null, wieder kam die Stimme aus dem Nichts. „Startvorbereitungen abgeschlossen, alle Systeme zeigen Grün wert, Manöver und Schubdüsen freigegeben.“ Tarles sackte der Magen nach unten, gleichzeitig hatte er das Gefühl schwerer zu werden. Der Boden fiel nach hinten, unten weg. Wenige Augenblicke später waren die Dächer der Gebäude zu sehen, die immer kleiner wurden. Die Bildschirme über seinem Kopf erwachten zum Leben. In separaten Feldern waren jeweils die anderen beiden Luftschiffe zu sehen die dem Führungsschiff in einigem Abstand rechts und links versetzt folgten. Ein weiterer Bereich zeigte die Region hinter dem Luftschiff, während vor dem Bug gerade das andere Ufer des Flusses auftauchte konnte man auf dem Heckbildschirm schon fast die ganze Stadt überblicken. Langsam begann der Druck nachzulassen, bis nichts mehr zu spüren war, dass das Schiff sich überhaupt bewegte war nur an der, langsam unter dem Rumpf nach hinten wandernden, Landschaft zu sehen. Sie waren unterwegs.