Ich kann die Punkte von Eugel auch gut nachvollziehen.
1. Die offline-Problematik. Das betrifft vor allem kleinere Tribes. Die Zeit auf den Servern läuft weiter, wenn auch die Verbräuche verringert werden. Aber sobald erstmal ein Haufen Dinos in der Base steht, muss regelmäßig jemand on gehen und nichts anderes machen als Farmen und Füttern. Dazu muss ich sagen, dass ich es a) absolut nicht abkann, wenn ein Spiel einen Spielzwang erzeugt (WoW-Effekt) und b) ist das kein Spielen mehr, sondern Arbeit.
2. Die Tribe- und Level-Problematik. Sicher ist es richtig, dass man auch in einem bereits hochleveligen Tribe gut mithelfen kann, da man ja alles benutzen kann und dadurch auch schnell auflevelt. Nun arbeiten Tribes, vor allem größere und starke meist mit einer ziemlich starken Arbeitsteilung, so dass es für den Neueinsteiger zunächst mal sinnvoll ist, seine Engrammpunkte aufzuheben und die Sachen zu lernen, die dem Tribe noch fehlen.
Aber, und zwar ganz großes "Aber": Das hat auch einen gewaltigen Pferdefuß! In Tribes gibt es auch gerne mal Stress bis hin zur Auflösung eines Tribes. Wenn jemand jetzt sich auf die höherleveligen Bausachen spezialisiert hat und beispielsweise die Dinosättel ausgelassen hat und der Tribe zerfällt, dann steht derjenige praktisch mit einem toten Charakter da. Die Engrammpunkte sind weg, er kann keinen einzigen Dino benutzen und weiterhin schnelles Aufleveln, um wieder Engrammpunkte zu bekommen, ist nicht mehr möglich.
Diese beiden Punkte haben mich inzwischen auch zu der Erkenntnis gebracht, dass ich in Zukunft wohl eher auf einem eigenen Player-Dedicated spielen werde. Mit Freunden verabreden kann man sich dort auch, aber wenn man zu Ende gespielt hat, ist Feierabend und es geht beim nächsten Mal dort weiter, wo man aufgehört hat. Ich hatte ja schon in früheren Postings gesagt, dass das Spiel einen enormen Zwangseffekt entwickeln wird, wenn es keinen völligen Time-Lock bei Abwesenheit gibt inkl. Schutz vor offline-Raiding und Spawns in die weiterlaufende Base. Es ist einfach affig, wenn man offline ist, kommt wieder und stellt fest, dass ein Alpha-Rex in die Base gespawned ist und nur noch Schutt und Asche hinterlassen hat. Dadurch lässt einem das Spiel auch keine Ruhe mehr, weil man ständig das Bedürfnis hat, mal schnell nach dem Rechten zu sehen.
Noch schlimmer natürlich bei PvP. Hatte das gerade heute nebenbei mitbekommen von einem PvP-Tribe eines Kumpels, wo ich gelegentlich mal mitspiele. Irgendwann rauschten die Meldungen durch die WhatsApp-Gruppe: "SE-Base offline geraided, Quetzal weg, Arventaris weg usw." Angesichts der absurden Bau- und Zähmzeiten verliert da selbst der Härteste schnell den Spaß an dem Game.
Und ich kenne etliche, die genau aus diesen Gründen entweder nur noch lokal oder gar nicht mehr spielen. Wie es ein Bekannter schön auf den Punkt gebracht hat "Du wirst ja krank in der Birne, wenn Du ständig nur noch Deine Dinos im Kopf haben musst". Der Betreffende hat dann auch sofort den Anker geworfen, nachdem ihn Ark wiederholt bis in seine Träume verfolgt hat.
Andere ziehen nicht die Notbremse, driften ab und verlieren sich völlig im Ark. Das sind dann die, die sich den Wecker stellen, wann irgendein Dino Zuwendung braucht oder gleich gar nicht mehr off gehen, weil sonst ja der Server voll sein könnte. Die verlieren auch ganz schnell den Bezug, dass es hier nur um nicht-existente Pixel-Tamagotchis geht.
Das darf man echt nicht wegdiskutieren: Ark auf den weitertickenden Servern ist gefährlich. Sehr gefährlich sogar, denn in diesem Setting ist das Suchtpotential ebenso hoch wie das Konfliktpotential. Denn ein Zusammenspiel von Gelegenheitsspielern, die konsequent nur on gehen, wenn sie gerade Lust haben, egal was in der Base passiert und Ark-Süchtigen, für die das längst Realität geworden ist, ist nicht möglich. Wehe deswegen stirbt dann mal ein mühevoll gepäppelter Dino. Da gibt es Streit bis hin zum Zerbrechen realer Freundschaften. Und das ist keine Übertreibung, das habe ich selbst schon so miterlebt, dass Leute so abdriften, dass ihnen ihre Ark-Dinos mehr bedeuten als Leute, mit denen sie real seit 10 Jahren befreundet waren.
Es gibt ja grundsätzlich die Faustregel "Sobald Du Dich außerhalb eines Games weiter damit beschäftigst, zieh sofort die Notbremse!"
Und die sollte man bei Ark unbedingt beachten und sich auch selbst beobachten. Denn sonst ist man angekommen im Hotel Arkifornia..."You can logout any time, but you can never leave."
Ark ist in der Hinsicht so krass, dass eigentlich jeder Tribe einen "Supervisor" bräuchte, der konsequent interveniert, wenn jemand freidreht und dann auch klar ansagt "Auf die Bremse treten jetzt, sonst bekommst Du erstmal eine Auszeit aus dem Tribe!"
Das, muss ich ganz ehrlich sagen, ist auch meine größte Kritik an Ark, denn spätestens seit den vielen biografischen Opfern, die WoW gefordert hat, sind die psychologischen Mechanismen bekannt und erforscht. Wenn man eine ständig weiterlaufende Simulation startet und der Spieler sich ausreichend lange und intensiv genug darin vertieft, dann läuft die Simulation der Welt quasi im Kopf weiter - bei Ark extrem durch die exakten Zeitangaben gefördert, was wann abläuft und wer was wann braucht. Gäbe es so etwas wie eine "Ethikkommission" für Computerspiele, wäre Ark in diesem Setting wie auf den öffentlichen Servern verhindert worden. Wildcard kann jedenfall auch nicht behaupten, dass sie nicht wussten, was sie da tun.
Das Dramatische ist, dass es vor allem diejenigen ganz schnell erwischt, die vorher im realen Leben eine hohe Frustrationstoleranz und Zielstrebigkeit hatten. Die meisten quitten spätestens wenn ihren das dritte oder vierte Tier offline draufgeht, an das sie Stunden hingearbeitet haben, so wie auch @Eugel. Aber gerade die besonders Effizienten ziehen den falschen Schluss, nämlich "Na gut, wenn sowas passiert, dann sehe ich zu, dass ich online bin, wann immer ich kann". Was im realen Leben eine positive Eigenschaft wäre, wird jetzt zur Falle, und dann wird alles andere vernachlässigt.
Und das sind alles keine Mutmaßungen oder graue Theorie - ich habe inzwischen Fälle gesehen, die in nicht einmal zwei Monaten eine so extreme Abhängigkeit entwickelt haben, dass das reale Leben schon bröckelt oder kurz vor dem Zusammenbruch ist.
Von daher gibt es gute Gründe, Ark im Singleplayer oder auf einem player-dedicated-Ark zu spielen, über den man selbst die Kontrolle hat und der eben nur läuft, wenn gespielt wird, sei es allein oder mit Freunden.